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Backstage

Mit Herz und Hingabe: Die Freiwilligenarbeit im Spital Zollikerberg

29. November 2024

lesezeit

8 min

Mit Herz und Hingabe für andere da sein – das beschreibt die Freiwilligenarbeit in der Gesundheitswelt Zollikerberg und im Spital Zollikerberg, die Sandra Kirschke seit zwei Jahren mit Leidenschaft ausübt. Ob bei Gesprächen, Spaziergängen oder in stillen Momenten – hier begegnet sie Menschen auf tiefster Ebene, auch in den herausfordernden Phasen ihres Lebens.

Was beinhaltet Ihre Tätigkeit als Freiwillige?

Vor genau 2 Jahren meldete ich mich am Spital Zollikerberg beim Freiwilligendienst und hatte mein Aufnahmegespräch mit der Freiwilligenleitung und der Abteilungsleitung der Spezialisierten Pflegeabteilung (SPS). Für mich war von Beginn an klar, dass ich mich unter den verschiedenen Freiwilligenarbeiten für die Sterbebegleitung interessierte. Nach einem einführenden Schnuppereinsatz durfte ich die Patientinnen und Patienten selbstständig besuchen. Das Team der SPS nahm mich herzlich und unterstützend in meiner neuen Erfahrung auf. Als Branchenfremde, zu 100% im Management einer Schokoladenfabrik angestellt, waren die Tätigkeiten und Abläufe eines Spitals fremd für mich. Doch ab dem ersten Tag fühlte es sich an, als hätte ich nie etwas anderes gemacht. In meiner Freiwilligenarbeit ist das Dreieck zwischen Patienten, Angehörigen und Pflege von zentraler Bedeutung.

Ich versuche, für jede dieser drei Anspruchsgruppen genügend Zeit zu finden, um ihre Bedürfnisse zu ermitteln und ihnen mit einem offenen Ohr, meinem Lächeln und meinen Gesten in dieser herausfordernden Situation beizustehen.

Wie sind Sie auf die Freiwilligenarbeit bei uns aufmerksam geworden und wieso haben Sie sich dafür entschieden?

Für die Freiwilligenarbeit im Bereich der Sterbebegleitung habe ich mir verschiedene Spitäler in meinem Umfeld angesehen. Das Spital Zollikerberg überzeugte mit einer sehr durchdachten Freiwilligenorganisation und macht es auch Interessierten, welche berufstätig sind und Kinder haben, sehr leicht, sich individuell einzubringen. Die Herzlichkeit im Spital und die Philosophie, dass die Patientinnen und Patienten als Menschen im Zentrum stehen, haben mich sofort begeistert.

Wie sieht ein typischer Tag aus, den Sie im Spital Zollikerberg verbringen? 

Ich besuche die Patientinnen und Patienten auf der SPS ungefähr zwei Mal jede Woche am Mittwoch- und Sonntagnachmittag.

Als erstes suche ich jeweils das Stationszimmer auf, in dem ich bereits die Patientenübersicht bekomme. Name, Jahrgang, kurze Diagnostik und die Zimmernummer sind vermerkt. Ich erhalte vom Pflegedienst ein Briefing für jede Patientin und jeden Patienten. Darin enthalten sind Empfehlungen, Zustand, Bedürfnisse, Hinweise oder auch konkrete Wünsche. Dies ist ein sehr wertvoller Austausch, der mir auch aufzeigt, wie ich die Pflegenden etwas entlasten kann.

Auf der SPS gibt es an sich keinen typischen Tag. Hinter jeder Tür ist ein menschliches Schicksal, welcher sich mit einer unheilbaren Erkrankung oder dem baldigen Ableben auseinandersetzen muss, Angehörige, welche diesen Prozess mit auffangen und die Patient:innen, die sich in einer dieser Stadien des körperlichen Leidens oder dem Versuch der Linderung zurechtfinden müssen. Sobald ich eine Tür zum Patienten öffne, gehe ich mit einer absoluten Neutralität hinein und lasse meine Bedürfnisse draussen stehen. Ich stelle mich nur selten mit den Worten "Ich bin eine Freiwillige Mitarbeiterin", vor. Trotz der hohen Anerkennung der Gesellschaft über Freiwilligendienste, empfinde ich die Ablehnungsquote als Freiwillige gross. Doch mit den Worten: "Grüezi Herr Meier, wie war Ihr Tag?", «Grüss Gott Frau Pfister, was kann ich Ihnen Gutes tun?" oder «Hallo Herr Sommer, was machen die Schmerzen?" und einer mitfühlenden Ausstrahlung erreiche ich mit wildfremden Menschen eine ganz tiefe Begegnung.

Zudem hole ich Wärmepackungen, mache Spaziergänge, gebe den Patient:innen einen individuellen Raumduft, führe tiefe Gespräche mit ihnen und sehr häufig auch mit ihren Angehörigen, pflücke im Spitalgarten ein paar Blumen, mache ihnen Tee, gebe eine Massage, halte Ihre Hand, tröste sie im Leiden und höre ihre Geschichten. Die Bedürfnisse sind so individuell wie jedes einzelne Schicksal.

Durch Ihren Einsatz Gutes tun

Freiwilligenarbeit im Spital Zollikerberg

In der Schweiz engagieren sich heute etwa drei Millionen Menschen ehrenamtlich. Dies umfasst informelle Freiwilligenarbeit im Freundes- und Nachbarschaftskreis sowie organisierte Aktivitäten in Vereinen und Organisationen. Ehrenamtliches Engagement bietet zahlreiche Vorteile: Sie lernen neue Fähigkeiten, können persönlich wachsen und Ihre beruflichen Perspektiven erweitern. Freiwilligenarbeit ermöglicht zudem den Aufbau sozialer Kontakte und erweitert Ihr Netzwerk.

Wie oft sind Sie als Freiwillige bei uns tätig und wie vereinbaren Sie dies mit Ihrer Arbeit und Ihren Kindern?  

In der Regel versuche ich zwei Mal pro Woche die Patient:innen zu besuchen. Ich habe mich bewusst für diesen Rythmus entschieden, um die Wahrscheinlichkeit, dieselben Patient:innen erneut sehen zu können, zu erhöhen.

Ich arbeite zu 100% als Supply Chain Managerin in einer Schokoladenfabrik und bin dort Mitglied der Geschäftsleitung. Meine Kinder Ronja, 10 Jahre alt, und Anton Kirschke, 8 Jahre alt, sind schon sehr selbstständig und schenken mir langsam zunehmend Freiraum. Vor zwei Monaten bekam ich mein drittes Kind Samira und befinde mich derzeit in Mami-Pause. Ich freue mich aber bereits, bald meiner Freiwilligenarbeit wieder nachgehen zu dürfen.

Natürlich ist es im Leben immer ein Balance-Akt zwischen Mama, Geschäftsfrau, Partnerschaft und Hobbys. Allem gerecht zu werden ist oftmals eine Herausforderung, doch das Interesse und die Passion treiben mich an. Die Freiwilligenarbeit, explizit die Sterbebegleitung, hat mir schon so viele besondere Momente geschenkt, ist eine grosse Bereicherung an Erfahrungen und bedeutet für mich ein persönliches Wachstum. Deswegen spreche ich davon auch nicht als Aufwand. Natürlich gibt es auch Wochen, in denen es nicht zu schaffen ist, oder auch Tage in meiner Schwangerschaft, in denen ich selber nichts geben konnte und die Reserven für mich und mein Baby benötigt habe. Doch auch hier brachte man mir viel Verständnis und Anerkennung auf den Stationen entgegen. An dieser Stelle herzliche Grüsse an das liebe SPS-Team.

Wie verstehen Sie sich mit den anderen Freiwilligen? Sind sie ein freundschaftliches Team oder haben Sie eher wenig Kontakt?

Das Freiwilligenteam auf der SPS kennt sich und tauscht sich an regelmässigen Freiwilligentreffen gemeinsam aus. Da wir jedoch unterschiedliche Tage besetzen und aufgeteilt sind, gibt es keinen weiteren Kontakt. Umso mehr freuen wir uns jeweils auf den Austausch an den Teamsitzungen.

Gibt es auch herausfordernde Momente und wie gehen Sie mit diesen um?

Meine persönlichen Herausforderungen sind die pflegerischen Belange. Als "Berufsfremde" versuche ich, klare Grenzen einzuhalten. In Situationen, bei denen pflegerische Expertise gefragt ist, ziehe ich die Pflege hinzu und unterstütze nur nach ihren Anweisungen. 

Auch ein körperlicher Zerfall ist immer wieder ergreifend mit anzusehen, man fiebert mit, hält den Atem an, versetzt sich in die Lage der betroffenen Patient:innen. Hinzu kommt dann auch das Bewusstsein, das Sterben kein Alter kennt.

Können Sie uns von einem oder mehreren besonders berührenden Erlebnissen während Ihrer Tätigkeit als Freiwillige bei uns im Spital erzählen?

Ich schreibe anonymisierte Kurzgeschichten im Rahmen meiner Tätigkeit bei der Sterbebegleitung. Dort durfte ich bereits einige besondere Momente erleben. Eine dieser Geschichten habe ich dabei. 

Kurzgeschichte von Sandra Kirschke

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